von Katrin Streich, I:P:Bm
Am 16. Januar betrat ein 58-jähriger Mann das Jobcenter in Rottweil. Er hatte einen Beratungstermin. Zu diesem Termin nahm er offenbar ein Messer mit. Denn er griff eine 50-jährige Mitarbeiterin des Jobcenters mit eben diesem Messer an und verletzte sie schwer. Immer wieder kommt es zu schweren bis hin zu tödlichen Angriffen gegen Mitarbeiter von Jobcentern und Stadtverwaltungen. Erst im Dezember wurde ein Mitarbeiter der Stadt Köln bei einem Hausbesuch von einem Mann erstochen.
Es stellt sich die berechtigte Frage, ob man solche Taten nicht vorhersehen kann. Um diese Frage zu beantworten, müssen wir sie konkretisieren. Wer ist man? Wer fühlt sich verantwortlich und wer hat die notwendigen Informationen, um eine solche Tat in der Entwicklung zu erkennen? Fakt ist, nahezu alle Menschen zeigen vor der Durchführung von schweren Gewalttaten ganz bestimmte Verhaltensweisen. Dieses Verhalten wird im Bedrohungsmanagement als Warnverhalten bezeichnet. Entscheidend ist, dieses Verhalten als Muster sichtbar zu machen. Denn diese Menschen zeigen das Verhalten nicht ausschließlich an einem Ort, sondern in der Breite ihres Lebensraumes. Auf der Arbeit, zu Hause, bei Terminen in der Verwaltung oder anderswo, im Kollegenkreis etc. Sie schreiben, telefonieren, sprechen und verhalten sich auf eine bestimmte Art und Weise.
Gemäß unserer Firmenphilosophie „Erkennen – Einschätzen – Entschärfen“ ist das Erkennen der erste Schritt, um Menschen, die solche Gewalttaten wie oben geschildert begehen, frühzeitig – also vor einer potentiellen Tat – in unser Bewusstsein zu holen. Die Implementierung geeigneter Strukturen innerhalb der jeweiligen Institution ist gelebte Prävention. Ein gutes Informationsmanagement und ein etabliertes Bedrohungsmanagement – also ein ausgebildetes internes Team von Mitarbeitern, die Verhalten hinsichtlich eines Risikos für eine Gewalttat ersteinschätzen können und auffällige Personen auf dem Radar haben – sind heutzutage geeignete und vor allem nachgewiesene Methoden einer funktionierenden Prävention. Und nicht nur das. Eine sichtbare und gelebte Philosophie des Kümmerns und Hinsehens schützt die psychische Integrität der einzelnen Mitarbeiter.
Der Täter aus Köln war schon in der Vergangenheit auffällig im Verhalten. Schon einmal vor der tödlichen Attacke hatte er eine Mitarbeiterin der Stadt tätlich angegriffen. Man hatte ihn zumindest zeitweise auf dem Schirm.
Der Täter aus Rottweil nutzte offenbar sehr intensiv den Nachrichtendienst Twitter und schon Anfang des Jahres soll er hier einen zumindest impliziten Zusammenhang zwischen dem Datum des Angriffs und dem Tod hergestellt haben. Auch die Ankündigung der Tat am Tag vorher geschah über Twitter. Das Ankündigen in dieser Form und auch die Äußerungen von Anfang Januar bezeichnen wir im Bedrohungsmanagement als sogenanntes Leakage-Warnverhalten. Hier werden Dritte eingeweiht hinsichtlich einer bevorstehenden Tat und der Absicht, jemanden etwas anzutun. Es ist eine Art Durchsickern von Informationen. Auch die exzessive Kommunikation des Täters über Twitter im vergangenen Jahr zeigt deutlich eine weitere Warnverhaltensweise – die negative Fixierung und damit zunehmende Beschäftigung mit bestimmten Themen und möglicherweise auch Personen.
Es wäre anmaßend von uns zu diesen tragischen Taten von Köln und Rottweil Aussagen zu einer möglichen Vorhersehbarkeit zu treffen. Das ist in keiner Weise intendiert. Diese Fälle zeigen allerdings, dass Taten meistens nicht aus dem Nichts kommen, sondern es sehr häufig im Vorfeld bestimmtes auffälliges Verhalten gibt. Eine absolute Sicherheit wird in vielen Bereichen unseres Arbeitslebens nicht herstellbar sein. Allerdings können wir Erkenntnisse aus der Wissenschaft und Best Practices für uns nutzen.
Für weitere Informationen zum Thema Bedrohungsmanagement besuchen Sie unsere Website: i-p-bm.com