von Mirko Allwinn und Dr. Jens Hoffmann, I:P:Bm
Der gewaltbereite Extremismus, insbesondere von rechts, sorgten zuletzt wiederholt für Schlagzeilen. Halle an der Saale ist seit vergangener Woche in aller Munde. Der Täter ordnet sich dabei selbst dem rechtsextremen Spektrum zu. Er äußerte seine Fremden- und Frauenfeindlichkeit sowie seinen Antisemitismus vor laufender Kamera.
Bedauerlicherweise ist Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit in der Bundesrepublik Deutschland kein neues Phänomen. Allein seit 1990 wurden laut einer Recherche der Wochenzeitung „Die Zeit“ mindestens 169 Menschen durch rechtsextremistisch motivierte Gewalt getötet. Hierzu einige Beispiele, die bei weiterem nicht dem Umfang und der Schwere der Gewaltbereitschaft gerecht werden:
- Am 26. September 1980 wurde eine selbstgebaute Bombe in München auf dem Oktoberfest gezündet. Durch die Explosion wurden 12 Personen ermordet und 213 verletzt. Der Attentäter starb beim Anschlag. Er war Mitglied der neonazistischen Wehrsportgruppe Hoffmann gewesen.
- Der sogenannte Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) agierte zwischen 2000 und 2007 und tötete neun Migranten und eine Polizistin. Darüber hinaus verübte das Trio 43 Mordversuche, drei Sprengstoffanschläge und 15 Raubüberfälle.
- Im Sommer 2015 verübte die selbsternannte „Gruppe Freital“ mehrere Anschläge, unter anderem gegen Asylbewerberheime.
- Am 19. Oktober 2016 schoss der Reichsbürger Wolfgang P. aus seiner Wohnung auf die eintreffenden SEK-Beamten und verletzte einen Polizisten tödlich.
- Am 2. Juni 2019 wurde der Politiker Walter Lübcke auf seiner Terrasse mutmaßlich durch einen Rechtsextremisten erschossen.
- Am 22. Juli 2019 schoss ein 55-jähriger Mann aus rassistischen Beweggründen im hessischen Wächtersbach aus seinem Fahrzeug und versuchte einen Eritreer zu erschiessen.
Die Täter sind dabei manchmal Einzeltäter, manchmal agieren sie in Kleingruppen oder sogenannten Zellen. Die Gewalt reicht dabei von spontanen Gewaltexzessen bis hin zu minutiös geplanten Attentaten. Deutlich wird jedoch in allen Fällen, dass die jeweils handelnden Individuen glaubten Gesinnungsgenossen hinter sich zu wissen. Oft wurden Sie tatsächlich von ihrem Umfeld in ihrem Tun bestätigt und ermutigt. Solche Taten finden nicht im sozialen Vakuum statt, sondern sind in einem Nährboden des Hasses eingebettet. Die Wut und der Hass stellen dabei den gemeinsamen Grundstock dar, wohingegen sich die jeweilige Ausprägung und Ausgestaltung verändern kann. Sei es, dass sich die Sprache verändert und neuerdings Begrifflichkeiten aus dem Gaming-Kontext verwendet werden oder sich die rechten Gruppierungen popkultureller Elemente bedienen, wie es die identitäre Bewegung vermehrt vormachte.
Mehrere Notwendigkeiten treffen zusammen, wenn es darum geht der Gewalt von rechts zu begegnen. Zum einen ist die Kenntnis der regionalen Szene und ihrer jeweiligen Akteure notwendig. Die Taten in Christchurch, El Paso und zuletzt in Halle haben jedoch zugleich gezeigt, dass der reine Bezug auf die eigene Regionalität dem internationalen Rechtsextremismus nicht gerecht wird. Die internationale Entwicklung ist dennoch im Blick zu behalten. Zum anderen benötigt es eine intensive Zusammenarbeit zwischen einzelnen Abteilungen, Behörden und anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren, um dem Hass entgegenzuwirken. Gleichzeitlich wird die Notwendigkeit funktionierender, pragmatischer und wissenschaftler Instrumente zur Bewertung ersichtlich. Eine mögliche Antwort darauf ist die Schaffung regionaler interdisziplinärer Bedrohungsmanagement-Strukturen.
Unser nächstes Seminar zum Thema „Reichsbürger“ findet am 26.11.2019 in Frankfurt am Main statt:
https://www.i-p-bm.com/seminare/seminare-a-z/74/reichsbuerger-phaenomen-umgang-risikoeinschaetzung
Hier geht es zu den weiteren Seminaren zum Thema "Extremismus & Radikalisierung", die auch bei Ihnen vor Ort als Inhouse-Seminar gebucht werden können:
https://www.i-p-bm.com/seminare/unsere-themen/19/extremismus-radikalisierung