von Nils Böckler und Dr. Jens Hoffmann, I:P:Bm
Während zu Hochzeiten von Al Qaida die Anschläge in Europa Anfang 2000 noch oftmals von Personen begangen wurden, die auf einer fehlgeleiteten Suche nach Sinn waren, hat der sogenannte Islamische Staat einen anderen Typus in das Zentrum gerückt. Diese Attentäter setzen sich vor ihrem Anschlag nicht tiefgreifend mit religiösen Fragen oder der Ideologie auseinander. Ihre Ausbildung durchlaufen sie in der kriminellen Szene. Körperverletzung, Drogenhandel, Diebstähle – schon vor einiger Zeit hat der IS in seinen Propagandaschriften formuliert: „Diejenigen mit der dunkelsten Vergangenheit können bei uns die hellste Zukunft haben“.
Ihnen wird suggeriert: Damit, wofür Du in der Vergangenheit von dieser Gesellschaft immer wieder sanktioniert wurdest, kannst Du bei uns Karriere machen! Der IS wurde damit ein Magnet für Menschen mit kriminellen Biografien, die sich in der „Gang“ Islamischer Staat wie ein Fisch im Wasser fühlen. Sie machen das, was sie immer gemacht haben – was sie können – doch dieses Mal legitimiert durch einen vermeintlich höheren Sinn.
Seit der Islamische Staat in Syrien und dem Irak zurückgedrängt wurde, hat dieser seine Botschaft zur Utopie verändert. Das Ende des Kalifats stehe nicht bevor – es gehöre vielmehr zur Vorsehung, dass es aussehe, als würde man einer Niederlage nahe sein, nur um dann wie Phoenix aus der Asche zu steigen und mit ungeahnter Kraft zurückzuschlagen. Um die Moral bis dahin aufrecht zu erhalten solle man als Sympathisant Anschläge im Westen begehen; auch um andere gewaltorientierte Dschihadisten auf Linie zu halten. Die Strategie der islamistischen Einzeltäter wird also im Sinne des IS jetzt noch mehr befeuert.
Jeder Anschlag kreiert Gewalttrends. Weihnachtsmärkte sind Symbole, die für Tradition und Zusammenhalt stehen. Dieses Selbstverständnis wollen Dschiahdisten zerstören. Ihre Legitimation suchen Sie in der islamistischen Ideologie. Radikalisierung vollzieht sich schneller als früher, weil die Angebote an die Rekruten perfekt angepasst werden. Kriminelle werden mit Karrieremöglichkeiten und Gewalt gelockt. Dennoch gibt es zahlreiche Anzeichen für eine Radikalisierung, für welche sich gesellschaftliche Institutionen sensibilisieren können. Informationsrecherche, Gefährlichkeitseinschätzungen und Netzwerkarbeit werden immer wichtiger. Bedrohungsmanagement wird dabei auch seitens der Sicherheitsbehörden mehr und mehr zum Ansatz erster Wahl, um dem Terror die Stirn zu bieten.