von Mirko Allwinn, I:P:Bm
Bei I:P:Bm beschäftigen wir uns seit Jahren mit den negativen Auswirkungen medialer Berichterstattung in Bezug auf Amokläufe, terroristische Anschläge und Suizide. Dieses Jahr wurde mit Beginn der Serie „Tote Mädchen lügen nicht“ eine Kontroverse ausgelöst, ob eine fiktive Darstellung eines Suizids zur Nachahmung anregen kann oder nicht. Eine plastische Darstellung der Handlung, ein Romantisieren der Handlung und eine Idealisierung der Protagonistin verstärken den Effekt, so legt es die Forschung nahe.
Die deutschen Gesellschaften für Kinder- und Jugendpsychiatrie (DGKJP) und für Psychiatrie und Psychotherapie (DGPPN) haben in einer gemeinsamen Stellungnahme deshalb eine Warnung ausgesprochen (Link: http://www.dgkjp.de/aktuelles1/446-gemeinsame-stellungnahme-von-dgkjp-und-dgppn).
Neben dem Werther-Effekt, der Nachahmung von Suiziden, gibt es jedoch noch einen zweiten psychologischen Mechanismus, welcher für die Prävention eine besondere Rolle spielt.
Der sogenannte Papageno-Effekt schützt labile Personen davor, suizidale Handlungen zu unternehmen. Menschen, die eine schwere psychische Erkrankung wie eine Depression und Suizidgedanken hatten, diese jedoch mithilfe von Therapie und sozialer Unterstützung bezwangen, berichten über ihren Kampf, den sie gewonnen haben. Der positive Ausgang, beschrieben durch Personen, die Vergleichbares durchleben, kann anderen betroffenen Menschen helfen, mit ihrer eigenen Krise besser umzugehen und diese zu überwinden.
Medien und Webseiten, die sich dem Thema Suizid widmen und Hilfe aufzeigen, können somit zur Prävention von Suiziden beitragen. Der Glaube der Betroffenen, überleben zu können, wird deutlich größer, wenn sie von positiven Fallbeispielen erfahren: Sie sind nicht alleine und es gibt fähige und vertrauenswürdige Erwachsene, die helfen können.
Dass Medien und Serien wie „Tote Mädchen lügen nicht“ schwierige und sensible Themen aufgreifen, stellt somit vermutlich nicht das Problem dar, solange die Darstellung von Suizid nach den wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Werther- und Papageno-Effekt erfolgt und Hilfsangebote sowie Lösungsmöglichkeiten diskutiert, aufgezeigt und publik gemacht werden.
Suizidprävention, Websites.
http://www.youth-life-line.de/
http://www.telefonseelsorge.de/
https://www.nummergegenkummer.de/
Telefon:
Telefonseelsorge: 0800/111 0 111 (anonym und kostenlos, 24/7)
Nummer gegen Kummer (für Kinder und Jugendliche): 116111 (anonym und kostenlos, Mo-Fr 14-20 Uhr)